Ersetzen Sie endlich die museumsreifen Fahrzeuge!

Zivilschutz Thema bei Berliner Abend / Klare Position gegen Hass und Gewalt

[aw] Die Rede von DFV-Präsident Hartmut Ziebs zum 13. Berliner Abend am 12.09.2018 in Berlin im Wortlaut.

Gerne hätte ich den Bundesminister Horst Seehofer hier begrüßt. Als zuständiger Minister für Inneres und auch Heimat gibt es viele Gesprächsthemen, die uns bewegen, die wir gerne mit Herrn Bundesminister besprechen würden. Jetzt gerade tagt der Innenausschuss im Bundestag und der Innenminister muss dort Rede und Antwort stehen. Dafür habe ich vollstes Verständnis. Leider hat Minister Seehofer seit seinem Amtsantritt noch keine Gelegenheit für ein Gespräch mit uns genutzt. Die Süddeutsche Zeitung hat Minister Seehofer in der letzten Sonntagsausgabe den Tipp gegeben, sich heute von den Feuerwehrleuten erklären zu lassen, wie man Brände löscht. Verschieben wir halt die Löschübung auf einen anderen Zeitpunkt.

In diesen Tagen laufen im Bundestag die Haushaltsdebatten. Daher erlaube ich mir die grundsätzliche Feststellung, dass Investitionen in die Feuerwehr Investitionen in die Zukunft sind. Innere Sicherheit ist ohne die Feuerwehren nicht machbar.

Am 9.11.2001 verloren über 300 Feuerwehrleute durch den Anschlag auf das World Trade Center in New York ihr Leben. Und seit diesem grausamen Anschlag von Terroristen fordern die Feuerwehrleute eine angepasste Ausstattung im erweiterten Katastrophen- und Zivilschutz durch den Bund. Mit einer Pressemitteilung vom 3. März 2004 hat der Deutsche Feuerwehrverband gegenüber der Bundespolitik festgestellt: „Mit Technik von gestern gegen Gefahren von morgen!“ und „ABC-Abwehr muss weiter ausgebaut werden!“

Meine verehrten Damen und Herren Bundestagsabgeordnete, Sie können doch nicht ernsthaft von den Feuerwehrleuten verlangen, dass wir mit über 30 Jahre alten Fahrzeugen des Bundes in Katastropheneinsätze gehen. Sie können sich doch nicht glaubhaft vor Ihre Feuerwehrleute stellen und über die Förderung des Ehrenamtes reden, wenn Sie gleichzeitig uns die notwendigen Ersatzbeschaffungen, und wir reden hier nur über Ersatzbeschaffungen, verweigern. Im Rahmen des Neuen Konzeptes zur zivilen Verteidigung gibt es kein Einsatzszenario, das ohne den massiven Einsatz der Feuerwehrleute bearbeitet werden kann.

Wir, die Feuerwehrleute Deutschlands, stellen uns gerne in den Dienst der Menschen. Aber zeigen Sie jetzt endlich auch Ihren Feuerwehrleuten, dass Sie uns im Rahmen der Zuständigkeit des Bundes ordentlich und zeitgemäß ausstatten werden. Ich fordere Sie daher auf, den entsprechenden Haushaltsansatz von 72 Millionen Euro auf 100 Millionen Euro aufzustocken. Ersetzen Sie endlich die museumsreifen Feuerwehrfahrzeuge des Zivilschutzes. Schließlich nutzt der Fahrdienst des Deutschen Bundestages auch keine Oldtimer.

Gerne bringe ich mein Eingangsstatement in Erinnerung: Investitionen in die Feuerwehr sind Investitionen in die Zukunft. Ich bin froh, dass die Bundeskanzlerin letztes Jahr ihre Wertschätzung gegenüber den Feuerwehrleuten zum Ausdruck gebracht hat. Und am vergangenen Freitag hat sich unser Bundespräsident bei den Feuerwehrleuten für ihren Einsatz beim Waldbrand in Potsdam-Mittelmark bedankt.

Der trockene Sommer hat in Deutschland und anderen Teilen Europas zu erheblichen Waldbränden geführt. Im internationalen Vergleich sind die in Deutschland abgebrannten Wald- und Wiesenflächen vergleichsweise klein. Dies macht auch nochmals deutlich, welche erfolgreiche Arbeit die deutschen Feuerwehrleute geleistet haben. Erstmals waren dieses Jahr auch deutsche Feuerwehrleute mit einem offiziellen Mandat zu einem Waldbrandeinsatz in Schweden. Auch hier haben die Feuerwehrleute, die Bundesländer und der Bund deutlich gemacht, Europa kann sich auf Deutschland verlassen.

Jetzt gilt es, die Waldbrandeinsätze in Deutschland und Europa nachzubereiten. Ich habe dem Bund, der Innenministerkonferenz und den kommunalen Spitzenverbänden angeboten, die Nachbereitung und Vorbereitung auf kommende Einsätze gemeinsam anzugehen. Es ergibt keinen Sinn, nun durch unabgestimmte Maßnahmen den schnellen Erfolg zu suchen. Hier sind wir nur gemeinsam stark. Bis die entsprechenden Gremienbeschlüsse herbeigeführt sind, lädt der DFV im Spätherbst zu einem ersten runden Tisch mit dem Thema Waldbrand ein. Die Waldbrände im Sommer waren eine Form von wetterbedingten Einsätzen der Feuerwehren. Der Klimawandel wird uns aber auch durch Hochwasser und Stürme fordern. Daher werden wir beim Deutschen Feuerwehrtag 2020 in Hannover den Klimawandel und die Folgen für die Gefahrenabwehr zum Hauptthema einer internationalen Sicherheitskonferenz machen.

Ich komme nochmal kurz auf Europa zurück. Die Feuerwehrleute Europas leben den europäischen Gedanken aktiv. Wie eng wir zusammenarbeiten zeigt uns eine Initiative aus Bocholt, dem Grenzbereich zu Holland. Hier wird eine gemeinsame Feuer- und Rettungswache der deutschen und niederländischen Feuerwehr gebaut. Gemeinsam mit den Bundesländern müssen wir auch in Brüssel mehr Einfluss nehmen. Ende vergangenen Jahres habe ich mit der Innenministerkonferenz einen Vertrag über eine gemeinsame Stelle auf europäischer Ebene unterzeichnet. Wir wollen den europäischen Katastrophenschutz aktiv mitgestalten und bei europäische Regelungen die Interessen der deutschen Feuerwehren besser vertreten.

Wir stehen zu Europa!

Der Deutsche Feuerwehrverband bringt sich aktiv in die Gestaltung unserer Gesellschaft ein. Mit unserem Projekt „Faktor 112“ stellen wir uns klar und deutlich gegen politischen Extremismus. Unser Projekt „Mensch Feuerwehr“ soll die Öffnung der Feuerwehren für alle Menschen begleiten.

Neid, Hass, Missgunst, Antisemitismus, Pöbeln, Hetze und Fremdenfeindlichkeit haben keinen Platz in den Feuerwehren. Wir sind für alle Menschen da, unabhängig von der Herkunft, des Glaubens oder Hautfarbe. Der Spaß hört aber auch dann auf, wenn Feuerwehrleute im Einsatz angegriffen werden. Am gestrigen Abend wurden Feuerwehrleute im thüringischen Kranichfeld von einem Mann mit Benzin übergossen und sollten angezündet werden. Dabei wurde ein Feuerwehrmann verletzt.

Meine Damen und Herren, alle acht Sekunden fährt in Deutschland ein Feuerwehrfahrzeug in den Einsatz. Wir riskieren dabei unsere Gesundheit und unser Leben, um andere Menschen zu retten. Dass wir immer wieder selber angegriffen, bespuckt, angepöbelt oder wie jetzt in Thüringen mit Benzin übergossen werden, das ist nicht zu tolerieren. Hier muss jetzt endlich einen Ruck durch unsere Gesellschaft und die Medien gehen. „Gewalt geht gar nicht!“