Feuerwehr reagiert auf Wertewandel
Kreisfeuerwehrverbandsversammlung in Oppenweiler: Karl „Florian“ Idler nach sechzig Jahren im Dienst der Feuerwehr aus seinem letzten Amt verabschiedet / zahlreiche Gäste aus der Bundes- und Landespolitik.
Mehr als 5 000 Männer und Frauen leisten an Rems und Murr Feuerwehrdienst und bieten damit einen flächendeckenden Schutz für Hab und Gut, für Leib und Leben. Als deren Interessenvertretung lud der Kreisfeuerwehrverband Rems-Murr unter seinem Vorsitzenden Georg Spinner zur jährlichen Verbandsversammlung nach Oppenweiler, und traditionell zeigten zahlreiche Gäste aus der Bundes- und Landespolitik, aus Kommunalpolitik, der Wirtschaft und anderen Verbände durch Ihre Anwesenheit Ihre Verbundenheit mit den „Floriansjüngern“.
Der Rems-Murr-Kreis mit seiner zentralen Lage im Land, einer modernen Infrastruktur und hoher Investitionsrate, bietet vor den Toren der Landeshauptstadt Stuttgart nicht nur den Rahmen für wirtschaftlichen Erfolg, sondern gleichermaßen auch eine hohe Lebensqualität. Dass zu deren Erhalt auch ein hohes Sicherheitsniveau Voraussetzung ist, versteht sich von selbst. Dementsprechend müssen die Rahmenbedingungen für die zumeist ehrenamtlich tätigen Feuerwehrangehörigen stimmen, gleichzeitig auch die technische Ausstattung an Fahrzeugen und Geräten auf einem modernen Sand gehalten werden. Für die Kommunen als Träger der kommunalen Daseinsfürsorge nicht immer eine leichte Aufgabe, da sie mitunter erhebliche Investitionen für die Sicherheit Ihrer Bürgerinnen und Bürger aufzuwenden haben.
So dürfte es auch vorrangig im Interesse der Städte und Gemeinden sein, dass das Land die Feuerschutzsteuer, aus deren Topf sich die Mittel für Landeszuschüsse bei Beschaffungen für die Feuerwehren ergeben, nun doch beibehalten wird. Im Gespräch war, die zweckgebundene Feuerschutzsteuer abzuschaffen und Fördermittel künftig aus dem allgemeinen Landeshaushalt zu bestreiten, was unweigerlich zu einer Verringerung der Förderquote geführt hätte.
Zahlreiche Gespräche mit den politisch Verantwortlichen standen auch deshalb auf der vielfältigen Agenda des Kreisfeuerwehrverbandes, wie Georg Spinner nun in Oppenweiler betonte. Das Erscheinen seiner Gäste sah er gleichzeitig als Zeichen der Wertschätzung für die Arbeit des Verbandes und seiner Feuerwehren.
Zukunftsorientierte Feuerwehrarbeit in hochkomplexer Welt
In einem gemeinsamen Bericht, den Spinner zusammen mit Kreisbrandmeister Andreas Schmidt in Form eines gegenseitigen „Interviews“ vortrug, ging es vor allem um zukunftsorientierte Themen der täglichen Feuerwehrarbeit. Schmidt betonte nachdrücklich, dass es für die „hochkomplexe Welt“, in der wir leben, mit seinen „eng verzahnten Produktionsabläufen und den hohen Wertekonzentrationen“ bei einem Ausfall durch ein Feuer oder durch einen technischen Notfall dramatische Folgen nicht nur für die direkt Betroffenen nach sich ziehen kann. Der Schutz von Menschen und Sachwerten könne aber nur gelingen, wenn „alle gemeinsam schutzzielorientiert Hand in Hand arbeiten“. Das „Wechselspiel von baulichem, technischem und organisatorischem Brandschutz“ müsse deshalb eng abgestimmt werden.
Trotz aller gebotenen Ernsthaftigkeit, die die tagtägliche Feuerwehrarbeit nach sich zieht, gingen Georg Spinner und Andreas Schmidt in ihrem Jahresrückblick durchaus launig auf die vielfältigen Stationen und Wegpunkte im Berichtsjahr ein, die Verband und Kreisbrandmeisterstelle betrafen.
Beispielsweise, dass die Nachwuchsgewinnung auch bei den Feuerwehren nicht nur auf Grund des demografischen Wandels künftig früher einsetzen müsse. Neben der seit langen Jahren erfolgreichen Arbeit in den Jugendfeuerwehren rückten inzwischen auch „Kindergruppen“ in den Focus, mit denen beispielsweise die Waiblinger Feuerwehr gute Erfahrungen macht. So gab bei einer Dienstversammlung für die Feuerwehrkommandanten Nadine Krenz von der in Bruchsal ansässigen Landesfeuerwehrschule Baden-Württemberg praktische Tipps für die Arbeit mit Kindern in der Jugendfeuerwehr.
Auch das Thema „Sicherheit im Feuerwehrdienst“ steht im Fokus des Verbandes. Die Fortbildungsreihe für Führungskräfte der Feuerwehren widmete sich bei ihrer jüngsten Veranstaltung in Urbach dem wichtigen Bereich des Gesundheitsschutzes, zu der Frank Obergöker von der Unfallkasse Baden-Württemberg als Referent geladen war.
Auch Themen wie Social Media oder Öffentlichkeitsarbeit standen im Fortbildungskalender der Feuerwehren, ebenso wie die Arbeit der Gerätewarte, die für die Fahrzeuge, Gerätschaften und Ausrüstungen in den Feuerwehren verantwortlich zeichnen. Das Thema „Digitalfunk“, bei dem der Rems-Murr-Kreis und seine Integrierte Leitstelle Vorreiter im Land sind, wurde ebenso gestreift wie die schon traditionelle „Sommerexkursion“ der Feuerwehrkommandanten, die sich immer einem feuerwehrspezifischen Thema widmet, in diesem Jahr den Sicherheitsvorkehrungen in der Mechatronik-Arena in Aspach.
Projektarbeit Jugendfeuerwehr und IHK
Auch auf anderem Terrain bewegt sich der Kreisfeuerwehrverband inzwischen routiniert. So hob Spinner die Kooperation zwischen der Industrie- und Handelskammer und den Jugendfeuerwehren im Kreis hervor, die nach Ansicht von IHK-Bezirkspräsident Claus Paal MdL durchaus Vorbildcharakter für das ganze Land haben könnte. Ähnliches ist nun auch mit der Kreishandwerkerschaft geplant, deren Geschäftsführer Jochen Alber ebenfalls in Oppenweiler geladen war.
Ebenso im Zeichen der Berufswahlförderung von Jugendfeuerwehrmitgliedern stand die Landesdelegiertenversammlung der Jugendfeuerwehr Baden-Württemberg, die im neuen Kärcher-Forum in Winnenden stattfand. Hier referierte IHK-Chef Paal über „Ausbildungsprofile heute“, parallel dazu wurden verschiedene Workshops für die Jugendlichen angeboten, konnte Kreisjugendfeuerwehrwart Michaels Schladt berichten.
Veränderungen von Rahmenbedingungen
„Wertewandel und Wirtschaftstrends ändern sich“, so Kreisbrandmeister Andreas Schmidt. Auf die sich daraus ergebenden Veränderung der Rahmenbedingungen müssten die Feuerwehren ebenfalls reagieren. Der Landesfeuerwehrverband erarbeite derzeit ein Strategiepapier („freiwillig.stark.“), mit dem auf diese Veränderungen reagiert werden soll. Die Vereinbarkeit von „Familie, Firma, Freizeit und Feuerwehr“ müssen sich in einem „ausgewogenen Kräfteverhältnis“ bewegen, so Schmidt, der als Obmann im Leitungsgremium der Kreisbrandmeister beim Landkreistag an der entsprechenden Schaltstelle mitwirkt.
Dort wird bald auch die Weiterentwicklung der Brandschutzbedarfsplanungen auf der Agenda stehen, bei denen die „Handreichungen zur Leistungsfähigkeit“ der Feuerwehren nach wie vor die wichtigste Grundlage für die Aufstellung der kommunalen Gefahrenabwehr darstellt.
Der „Arbeitskreis Technik“, in dem Schmidt ebenfalls auf Landesebene mitwirkt, befasst sich mit Fragestellungen der Feuerwehrtechnik. Trotz vielfältiger Erfolge blieben manche Themen, etwa bei der Suche nach einer praktikablen Handhabung der neuen Regelungen zur Abgasnorm EURO 6, letztendlich für die Feuerwehren „etwas unbefriedigend“, so der Kreisbrandmeister. Letztendlich sei es aber „wichtig zu wissen, wie Dinge zusammenhängen, um zu verstehen, wie Entscheidungen getroffen werden“.
Für den Rems-Murr-Kreis war sicherlich die gemeinsam mit der Stadt Waiblingen getätigte Beschaffung eines Einsatzleitwagens ELW 2 von zentraler Bedeutung. In regelmäßigen Übungen mit dem Führungsstab und der Praxiserprobung, beispielsweise als Koordinierungsstelle beim Remstal-Marathon, sei man auf dem besten Weg, Routine bei der Stabsarbeit zu entwickeln und das „System zu einem gut funktionierenden Uhrwerk“ auszubauen. Am Tag der Übergabe wurde den Helfern aus dem Rems-Murr-Kreis, die mit dem Hochwasserschutzzug des Rems-Murr-Kreises beim Elbhochwasser im Partnerlandkreis Meißen dabei waren, der vom sächsischen Ministerpräsidenten gestiftete Fluthelferorden überreicht.
Schmidt begrüßte auch, dass ihm im Landratsamt mit dem ehemaligen Backnanger Kommandanten Daniel Köngeter in der Katastrophenschutzbehörde des Landratsamtes seit kurzem ein ausgewiesener Fachmann zur Seite steht. Die Zeiten, in denen „Katastrophenschutz als verwaltende Tätigkeit“ wahrgenommen wurde, seien längst vorbei. Die Vorbereitung auf große Schadenslagen und das Handeln in kritischen Situationen seien mittlerweile ein „komplexes Thema, das viel Fachwissen“ erfordere.
Kreisfeuerwehrverband bekommt Geschäftsstelle
Zusammen mit den Angehörigen der Jugend- und Altersfeuerwehren verwaltet der Kreisfeuerwehrverband gut 5 500 Mitglieder. Höchste Zeit, um endlich eine eigene Geschäftsstelle einzurichten, findet Georg Spinner. Die entsprechenden Infrastrukturen sollen nun im kommenden Jahr in Schorndorf geschaffen werden. Dafür holte sich der Verbandsvorsitzende die Zustimmung der Delegierten in Oppenweiler ein.
Eine „weitere Lücke“ schloss der Verband im Berichtsjahr: Unter der Verbandswebsite „www.feuerwehr-rems-murr.de“ will man möglichst tagesaktuell berichten und Informationen für die Feuerwehren, aber auch für die Bevölkerung bereitstellen. Veränderungen gab es bei der Feuerwehrmusik: Die 26jährige Steffi Walter löst Thomas Maile als Kreisstabführer ab.
Georg Spinner: „Nachwuchsgewinnung ist kein Selbstläufer“
„Ohne uns wird’s brenzlig!“, resümierte Verbandschef Georg Spinner am Ende der Versammlung. Auch wenn die ehrenamtliche Arbeit in der Feuerwehr oftmals als „das beste Hobby der Welt“ bezeichnet werde, so sei die Nachwuchsgewinnung doch kein Selbstläufer. Deshalb benötige der Kreisfeuerwehrverband eine Strategie, die mittel- bis langfristig „grundsätzliche und ganzheitliche Ziele“ beinhalte. Diese Strategie müsse den „ständigen Veränderungen in unserem Umfeld und in unseren Lebensumständen“ angepasst werden. Die fortschreitende Mobilität und die ständige Vernetzung durchdringen dabei fast alle Lebensbereiche. Dies gelte es im positiven Umkehrschluss zu nutzen, um Menschen für das Ehrenamt zu gewinnen. Die Rahmenbedingungen, so Spinner in seinem Schlusswort, seien hierfür mehr als gut: „Wir besitzen die notwendige Technik und moderne Gerätschaften für unsere Aufgabenerfüllung, wir finden in unseren Feuerwehren Führungskräfte und Ausbilder, die motiviert sind und wir besitzen eine hohe Anerkennung in der Bevölkerung“.
Hinzu komme, dass als „größtes Pfund“ der Zusammenhalt und die Kameradschaft in den Feuerwehren vorzufinden seien. Das ermögliche es, selbst „schwere Stunden“ gemeinsam zu durchstehen. „Wer möchte da nicht dabei sein?“, so Spinner abschließend. Dem schlossen sich auch alle Grußwortredner in der Verbandsversammlung an.
Verabschiedungen und Ehrungen
Stehende Ovationen gab es für den Ehrenvorsitzenden und Ehrenkreisbrandmeister Karl „Florian“ Idler, der nun, nach sechzig Jahren im Dienste der Feuerwehren, auch seinen (Feuerwehr-) Hut als Obmann der Altersfeuerwehren nahm. Sichtlich gerührt von dieser Reaktion der Gäste im Saal, verschlug es dem sonst nie redemüden Grand Seigneur der Kreisfeuerwehr am Ende sogar fast die Sprache.
Das Förderschild „Partner der Feuerwehr“, mit dem der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) die besondere Zusammenarbeit von Handwerk, Wirtschaft und Industrie mit den Feuerwehren honoriert, erhielt die Schreinerei Reichert aus Oppenweiler. Drei der vier Mitarbeiter des Betriebes sind Mitglied in der örtlichen Feuerwehr. Bei einem Einsatz steht da mitunter schon mal der ganze Betrieb still. Die Ehrennadel des Kreisfeuerwehrverbandes für vorbildliche Zusammenarbeit mit der Feuerwehr erhielt die Firma Wolf Maschinenbau aus Oppenweiler. Die Ehrung nahmen stellvertretend Geschäftsführerin Sandra Wolf und Seniorchef Ernst Wolf entgegen.
Auch in den Reihen der Feuerwehren selbst gab es Grund für Ehrungen. Sichtlich überrascht erhielt Kreisbrandmeister Andreas Schmidt aus den Händen des Verbandsvorsitzenden Georg Spinner die Ehrenmedaille des Landesfeuerwehrverbandes in Silber für seine langjährige und vielfältige Feuerwehrarbeit überreicht. Auch der stellvertretende Kreisbrandmeister und ehemalige Backnanger Kommandant Daniel Köngeter darf sich verdientermaßen die Ehrenmedaille an die Brust heften.
Das Ehrenzeichen des Kreisfeuerwehrverbandes erhielt Heiko Albrecht, Schriftführer im Verband und stellvertretender Abteilungskommandant in Nellmersbach, das Ehrenzeichen in Silber der stellvertretende Kommandant der Feuerwehr Remshalden, Dieter Kehl.